Vom Markthändler zum Markenhändler
1989 – Das Jahr der Wende
Ich hatte gerade meine Ausbildung als Kfz-Lackierer abgeschlossen. Was ist der nächste logische Schritt als frisch gebackener Geselle im Kfz-Gewerbe? Mit den ca. 1000 D-Mark, die ich zur Verfügung hatte, packte ich mir den Kofferraum voller Socken, zimmerte mir einen Marktstand und fuhr auf jeden Markt in Deutschland, wo ich einen Platz ergattern konnte. Markthandel hat in unserer Familie eine lange Tradition. Vater, Onkel, Tanten. Alles Markthändler. Ein Beruf, der nicht gerade das beste Ansehen genoss, aber den großen Vorteil hatte, sein eigener Herr zu sein. Außerdem bot sich die Möglichkeit, jeden Tag viele nette Menschen kennenzulernen. Und meine Marktkunden waren und sind ganz besonders nette Menschen. Frisch verheiratet packte meine Frau auch mit an, und aus einer Kofferraumladung Socken Startkapitel wurde recht schnell ein kleiner Lieferwagen.
Der Marktstand wurde schöner und größer. Und das Angebot konnte schrittweise erweitert werden. Ich hatte das Glück zu einer Zeit zu starten, in der viele Kunden in den neuen Bundesländern begierig darauf waren, die frisch umgetauschte Mark auszugeben. Das hat mir den Start erleichtert. Und dafür bin ich sehr dankbar. Ich hatte von Anfang an darauf geachtet, immer relativ hochwertige Waren einzukaufen und niemand billigen Ramsch zu überhöhten Preisen anzudrehen. Zwar hätte das im ersten Jahr vermutlich auch funktioniert. Aber das war nicht mein Ding.
Die Investition in etwas höhere Produktqualität und damit einhergehend eine niedrigere Marge zahlte sich in den Folgejahren aus. Viele meiner Kunden wurden zu Stammkunden. Und nach der obligatorischen Bratwurst auf den Märkten wurde es für viele von ihnen eine Tradition, bei „Schnellers Strumpfwaren“ eine große Tüte Socken für die nächste Saison im Voraus zu kaufen. Wenn die ganze Familie zum Einkaufen am Stand war, gab es natürlich von mir für die kleinen Besucher immer mal ein paar ganz besonders schöne Motivsocken gratis dazu.
1996 – Das Jahr des Internets
Alle Welt redet vom Internet. Auf irgendwelchen wüst aussehenden Seiten werden Waren aller Art feilgeboten. Als gelernter Kfz-Lackierer und erfahrener Markthändler hatte ich mehr oder weniger alle Qualifikationen, die nötig waren, um einen Sockenhandel im Internet groß aufzuziehen. Eher weniger. Oder eigentlich gar keine. Es war also nicht weiter verwunderlich, dass meine ersten Schritte etwas improvisiert und holperig waren.
Aber das war kein Problem. Jeder machte die ersten Schritte. Und auch hier kam mir wieder die Geschäftsphilosophie zugute, grundsätzlich nur hochwertige Waren zu akzeptablen Preisen zu verkaufen. Das Internet war auch damals schon ein Ort wo viele Kollegen mit überteuerter Ramschware das schnelle Geschäft machen wollten. Aber das war nicht mein Stil. Wie sich im Nachhinein herausstellte, war das die richtige Entscheidung. Denn auch im Internet begann sich die Spreu vom Weizen zu trennen. Ich hatte das große Glück, dass meine Kunden die Qualität meiner Waren auch im virtuellen Markt zu schätzen wussten und ich auch dort eine zufriedene Stammkundschaft aufbauen konnte.
2004 – Eigenproduktion und Markenregistrierung
Bisher lief alles ganz gut. Allerdings gab es eine Kleinigkeit, die mir nicht gefiel. Ich hatte keinen direkten Einfluss auf die Produktion der von mir verkauften Artikel und war auf das angewiesen, was der Großhandel hergab. Zwar gab es auch dort Wahlmöglichkeiten bzgl. Material und Qualität. Aber das reichte mir nicht. Ich wollte meine eigenen Ideen umsetzen und alles noch ein bisschen besser, schöner und hochwertiger machen. Außerdem (soviel Ehrlichkeit muss sein), hatte ich keine Lust, den luxuriösen Lebensstil des einen oder anderen Großhändlers mit meiner Knochenarbeit auf den Märkten zu mitzufinanzieren.
Was also tun?
Die Socken selber häkeln? Eine reizvolle Idee, aber leider kann ich nicht häkeln. Die Ehefrau häkeln lassen? Geht auch nicht. Ganz der klassische Familienmensch waren inzwischen drei Kinder zu versorgen. Abgesehen davon kann sie auch nicht häkeln. Aber Spaß beiseite. Ich begab mich also auf eine Tour durch Italien und die Türkei, um dort kleine Familienunternehmen zu finden, die zu meinem kleinen Familienunternehmen passten und es mir ermöglichten, eigene Ideen für noch schönere und noch bessere Produkte umzusetzen.
Ein gutes Konzept, denn diese relativ kleinen Lieferanten waren froh, einen Abnehmer zu finden, der ihre gute Arbeit zu schätzen wußte. Außerdem ist es eine fairerer Deal, wenn Familienunternehmen bei Familienunternehmen einkaufen als wenn die großen Discounter mit zentimeterdicken Verträgen versuchen, kleine Hersteller über den Tisch zu ziehen. Ich konnte also relativ schnell viele Hersteller dafür begeistern, Produkte speziell nach meinen Wünschen zu fertigen. Ich freute mich über gute Qualität. Die Hersteller freuten sich über faire Konditionen und Absprachen. Alle waren glücklich. Und der klassische Großhandel ging leer aus.
Die Marke „normani“ wurde ebenfalls in 2004 registriert. Weitere Marken sollten im Laufe der Jahre folgen.